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«Basler Zeitung»: Presserat fordert Glasnost

Der Entscheid kommt medienpolitisch einer Überraschung gleich: Das Selbstregulierungsorgan der Schweizer Medien, der Presserat, hat die «Basler Zeitung Medien» kürzlich aufgefordert, ihre Besitzverhältnisse offenzulegen.


Seit gut einem Jahr wird in Basel und in den Medien der ganzen Schweiz gerätselt, wem die «Basler Zeitung» (BaZ) wirklich gehört. Klar ist bisher nur, dass der Flugunternehmer Moritz Suter als Alleineigentümer und Verleger in Erscheinung tritt. Haben Kreise um den schwerreichen SVP-Vizepräsidenten Christoph Blocher ihr Geld in der Firma? Blochers Firma Robinvest übte im letzten Jahr ein Beratungsmandat für das Medienunternehmen aus. Dagegen wehrte sich die Redaktion vehement, und in der Öffentlichkeit entstand die BaZ-kritische Bewegung «Rettet Basel».


«Rettet Basel» war es, das zusammen mit dem Verein für kritische Mediennutzung Arbus und der Gewerkschaft syndicom die entsprechende Beschwerde gegen die BaZ einreichte. Sie stützten sich auf den Branchenkodex, der festhält, dass Medienschaffende «Anspruch auf Transparenz über die Besitzverhältnisse ihres Arbeitgebers» haben. Der Presserat gab den Beschwerdeführern nun vollumfänglich Recht. «Medien, deren Aufgabe es ist, Transparenz über gesellschaftliche Akteure und wichtige gesellschaftliche Vorgänge herzustellen, dürfen bei sich selber keinen anderen Massstab anlegen als bei anderen wichtigen gesellschaftlichen Akteuren», schreibt er in der Begründung.

Das Urteil hat jedoch keine bindende Wirkung, und die BaZ machte umgehend klar, dass sie die Geldgeber nicht nennen will. Sie habe die Besitzverhältnisse im gleichen Rahmen wie andere Medienunternehmen bekanntgegeben, liess sie verlauten.

Wichtiger Entscheid


Timm Eugster, der bis vor kurzem für die BaZ als Zürich-Korrespondent arbeitete und sich der Eingabe als Einzelperson anschloss, spricht dennoch von einem wichtigen Entscheid: «Es ging darum, mit der Beschwerde ein Zeichen zu setzen.» Der Presserat habe sich intensiv mit den medienethischen und demokratiepolitischen Fragen auseinandergesetzt, findet Eugster. Auch syndicom und Impressum zeigen sich erfreut.

Eugster gehört zu den vielen, die die BaZ aus Verärgerung über den neokonservativen Kurs von Chefredaktor Markus Somm verlassen haben. Somms Einstieg beim Basler Traditionsblatt war möglich geworden, weil das Familienunternehmen Hagemann die BaZ im Februar 2010 an den Financier Tito Tettamanti verkaufte und er diesen persönlich kannte. Im November letzten Jahres, als der Streit um Blochers Beratungsmandat ihren Höhepunkt erreichte, stieg Tettamanti wieder aus und verkaufte an Moritz Suter. Der Chefredaktor aber durfte bleiben.

Somm war zuvor stellvertretender Chefredaktor der «Weltwoche» und hat eine umfangreiche Biographie über Blocher geschrieben. Er selbst bezeichnet sich zwar immer gerne als «liberal», schreibt aber ziemlich genau auf SVP-Linie. So posaunt er in seinen Leitartikeln, die immer samstags erscheinen und wie eine um einen Tag verfrühte Predigt daherkommen, gegen den Atomausstieg, gegen Linke und Zentristen und immer wieder gegen die EU. Jüngst bezeichnete er in einem Leitartikel den CVP-Chef Christophe Darbellay als «linken Parteipräsidenten» – vielleicht einfach deshalb, weil dieser sich für die Wiederwahl von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ausgesprochen hatte, der Intimfeindin der SVP. Ein Chefredaktor, der über ein solches Koordinatensystem verfügt, muss sich nicht wundern, wenn ihm im linksliberalen Basel das Publikum davonläuft. So verlor die BaZ im letzten Jahr 14000 Leserinnen und Leser.

Schafft die BaZ sich ab?


Im November 2010 liess Somm verlauten, er strebe kein rechtes Kampfblatt, sondern einen «Wettstreit der Meinungen» an. Im Februar entliess er im Rahmen eines «Restrukturierungsprogramms» dann gerade diejenigen, die ihm öffentlich oder redaktionsintern widersprochen hatten. Auch Benedikt Vogel, der Deutschland-Korrespondent, war darunter. Er hatte dem Chefredaktor in der BaZ eine brillante Replik zum Bestseller «Deutschland schafft sich ab» von Thilo Sarrazin entgegengeschleudert.

Die BaZ schafft sich ab, kann man da nur befürchten – die Besitzer und der Chefredaktor bauen sie zumindest komplett um, und dies nicht etwa nach journalistischen und nicht einmal nach ökonomischen, sondern nach politischen Kriterien. Viele BaZ-Leute haben jedenfalls die Nase voll. Kürzlich meinte ein langjähriger Mitarbeiter: «Wer schon länger dabei ist, will weg, und wer neu hinzustiess, ist noch nicht richtig angekommen.» Auch er sucht jetzt eine neue Stelle.

Stefan Boss, von 1999 bis 2011 Politik-Redaktor der Basler Zeitung

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