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Schmetterlinge im Kopf

«Metamorphosen» war gleichsam das Thema des Tags der Typografie, den syndicom dieses Jahr am 10. November im Zürcher Technopark durchführte. Ein Fremdwort blieb der Begriff dabei nicht – ganz im Gegenteil. 

Der erste Referent des Tages war sogar so etwas wie die personifizierte Metamorphose: der Niederländer Jan Teunen verwandelte sich unmerklich vom witzigen Conférencier zum tiefgründigen Philosophen und wieder zurück. Er sprach, wie er angekündigt worden war: als «Mensch, Ehemann, Vater, Grossvater und Cultural Capital Producer», der auf Schloss Johannisberg im Rheingau lebt, gros­sen Unternehmen «dabei hilft, sich weiter zu kultivieren» – und Designmarketing lehrt. «Es gibt keinerlei Sicherheit als die eigene Entwicklung, die man vorantreiben muss», betonte Teunen; dabei geht es ihm um nicht weniger als darum, «zum Wesentlichen vorzudringen und an der Seele zu arbeiten», denn diese wiederum «hält die Verbindung zur Inspiration». Das Universum sieht Teunen dabei wie ein riesiges Unternehmen – und hier ein besseres Gleichgewicht, ethische, ja sogar soziale Verantwortung zu fördern, als Aufgabe der Gestaltung. «Die abgebrochene Verbindung zum Kosmos wiederherzustellen, ist heute die vordringlichste Aufgabe», davon ist Teunen überzeugt – und schlägt den Bogen zur Angst, zum Unbehagen vieler Menschen am Arbeitsplatz. Grosse Aufgaben also für GestalterInnen …

Bis ins kleinste Detail führten die drei Ostschweizer Typografie-Gestalter Roland Stieger, Dominik Hafen und Bernhard Senn sodann. Sie zeigten Beispiele von Buchgestaltung, die sich aus dem Inhalt heraus entwickelt: auch eine Metamorphose! Etwa wenn ein Bucheinband die Assoziation zu einer Mönchskutte herstellt oder wenn in einem Buch mit Stempeldrucken eines Künstlers die Paginierung spiegelverkehrt auf die jeweilige Rückseite des leicht transparenten Papiers gedruckt wird, damit sie nicht stört. Welche Metamorphosen Schriftgestaltung im Laufe der Zeit durchgemacht hat und wie sehr sie mit dieser jeweils verbunden ist, zeigte Lukas Hartmann, Redaktor der «Typografischen Monatsblätter TM RSI STM», mit Beispielen aus seiner «Wunderkiste»: zum Beispiel Werbung für Schriften aus den Dreissigerjahren. Da las man von der «ungestüm drängenden Wucht des Schriftbildes» ebenso wie davon, mit welcher Schrift man am besten «schöne und zarte Dinge» schreiben soll. Über «Typografie und Grenzgebiete» sprach Tino Grass, der ein Büro für Visuelle Kommunikation in Köln-Brauweiler hat. Er beschäftigt sich auch mit Archivierungssystemen: Wie er die Unmengen von Material des Grafik-Designers Philippe Apeloig in dessen Atelier in Paris in eine geordnete Form brachte, bedeutete wohl die grösste Metamorphose, über die er berichtete.

Das absolute Highlight des Tags der Typografie – da waren sich dem Applaus nach zu urteilen alle einig – war Remo Cami­nada; er hat sein Design-Büro in Sagogn, widmet sich aber auch der Musik, aktuell mit einer Dirigentenausbildung. «Es kommt raus», sagt er über die unzähligen Variationen und Skizzen seines Entwurfsprozesses. Aber nachhaltig und präzis muss es auch sein. Wie die Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling … Um bei den Schmetterlingen zu bleiben: im Bauch braucht man sie also ganz bestimmt – aber auch im Kopf, wenn es darum geht, Grundformen so aufzubrechen, dass ein spannendes Resultat entsteht. Ein Konzertplakat zum Beispiel, das eine «nicht greifbare Stimmung» einfängt. «Wenn man eigene Visionen hat, Bilder, die nach draussen wollen – dann soll man das machen, nicht nur darüber sprechen», so Caminada, dem Unabhängigkeit in jeder Hinsicht wichtig ist. Der Gegebenes nicht einfach akzeptiert und sich bewusst ist, welchen Einfluss die gewählte Technik auf sein Schaffen hat. Über sein wunderbares Projekt mit CD-Hüllen, die den Mondzyklus über 365 Tage hinweg abbilden und so potenziell einen jeweils besonderen Tag für die KäuferInnen markieren, sagt er: «Alles sprach dagegen, es so zu machen – aber man hat Entwürfe, damit man daran glaubt.» Und an die Jugend glaubt HUGO: auf das Jugendprojekt von syndicom wurde am «Typotag» mit einer stummen Performance hingewiesen.www.h-ugo.ch

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