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Maulkorbartikel bleibt im Gesetzbuch

Als Gewerkschaft der Medienschaffenden hat sich syndicom seit Jahren dafür ausgesprochen, Artikel 293 des Strafgesetzbuches ersatzlos zu streichen. Der Artikel stellt die Publikation und somit auch die Berichterstattung über «geheime Dokumente» unter Strafe. Aber Amts-, Militär- oder Staatsgeheimnisse sind bestens durch andere Artikel geschützt.

Spätestens seit der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes 2004 hat auch in der Verwaltung ein Paradigmenwechsel eingesetzt, weg von der alten Geheimniskultur des kalten Krieges hin zum Öffentlichkeitsprinzip.

Die im Mai vom Ständerat in der Version des Nationalrats angenommene Änderung des Artikels bleibt auf halbem Weg stecken: Artikel 293 wird nicht abgeschafft, sondern nur abgeschwächt und weiterhin unter Strafe stellen, wenn etwas aus «Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen» veröffentlicht wird, das als geheim erklärt wurde.

Selbst der europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügte die Schweiz bereits mehrmals für ihre Rechtsprechung, die bisher nur von einer Bestrafung absehen konnte, wenn die Geheimhaltung der publizierten Dokumente «von geringer Bedeutung» war.

Dass die Veröffentlichung von unter Verschluss gehaltenen Informationen weiterhin strafbar sein soll, wenn ihr ein «überwiegendes privates oder öffentliches Geheimhaltungsinteresse» entgegenstehe, behindert die Medienschaffenden kaum weniger in ihrer Aufgabe, Missstände öffentlich zu machen – sondern hilft, dass unter dem Label «geheim» weiterhin vieles unter den Teppich gekehrt werden kann. Und die JournalistInnen werden beim Recherchieren und Schreiben weiterhin die Schere im Kopf haben. (nis)

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