Auch wenn Island vor zwei Jahren Gast der Frankfurter Buchmesse war, ist die isländische Literatur hierzulande wenig bekannt. Dabei haben es die isländischen Autorinnen und Autoren ganz schön dick hinter den Ohren! Bei mir schmolz das Eis (welches ich stets mit Island in Verbindung bringe) mit der Entdeckung des Autors und Übersetzers Pétur Gunnarsson.

Die Hauptperson des Romans «ich meiner mir mich» ist der Jüngling Andri. Und er hat es gerade gar nicht einfach, denn die Mühen der Pubertät machen ihm gehörig zu schaffen. Seit kurzem wird er wegen jeder Kleinigkeit rot, Pickel überziehen sein Gesicht und das andere Geschlecht macht ihn ganz sturm. Was gibt es Komplizierteres als Erwachsenwerden?

Mit viel Witz und Einsicht werden Lust und Leid von Andri und seiner Schwester Sista beschrieben, verrückte Jahre zwischen Zigaretten- und Alkoholdunst, Schule und Freizeit, Einsamkeit und Beziehungskiste. «Ich meiner mir mich» ist der zweite Teil einer Tetralogie über Andri Haraldsson.

Wir lernen das Lebensgefühl in Reykjavik Mitte der 1960er-Jahre kennen. Es ist ein Porträt der Nachkriegsgesellschaft in der unaufhaltsam wachsenden Metropole. Raffiniert mischt der Autor immer wieder das Weltgeschehen in die Erzählungen von Andri und seiner Familie, was auch die Faszination der eigentlich harmlosen Geschichte ausmacht.

Pétur Gunnarsson wurde 1947 in Reykjavik geboren und studierte Literatur und Philosophie in Frankreich. Unterdessen lebt er wieder in Island, schreibt Poesie, Prosa und journalistische Texte und übersetzte u. a. Proust, Flaubert und Handke.

Wer den kunstvollen, im Bonner Weidle-Verlag erschienenen Band in der Hand hält, wundert sich nicht, dass «ich meiner mir mich» von der deutschen Stiftung für Buchkunst als «eines der schönsten Bücher» des Jahres 2012 prämiert wurde. Und dieses spezielle und doch schnörkellose Design zieht sich vom Einband bis zur letzten Seite, samt Anmerkungen, durch.

Ein kleines, feines Gesamtkunstwerk mit einer grossen Portion Humor!

Christine Hunziker ist Buchhändlerin und Museums­mitarbeiterin.