In der Welt von PostAuto
Am 5. Juni führten die Mitglieder des Firmenvorstands PostAuto Schweiz AG in Bern ihre Halbjahressitzung durch. Wichtige Punkte standen zur Debatte: der Stand der Dinge beim neuen GAV Post, die Initiative «Für eine starke Post» sowie die Arbeit des Aktionskomitees für die PU-Kampagne (PostAuto-Unternehmer und -Unternehmerinnen), die Abgeltung für Überstunden, Diensttage am Samstag vor den Ferien sowie die Verteilung der Ferien über das Jahr.
Anlässlich der freien Tagung der PU-Wagenführer vom 11. Februar dieses Jahres hatten die anwesenden Mitglieder einstimmig die Gründung einer Arbeitsgruppe mit dem Namen «Aktionskomitee» beschlossen. Der Auftrag dieser Arbeitsgruppe: die notwendigen Schritte in die Wege leiten, damit alle PU-Wagenführer und -führerinnen zu gleichen Bedingungen wie die Regie-Wagenführer und -führerinnen angestellt werden: gleicher Lohn, gleiche Sozialleistungen und gleiche Arbeitsbedingungen.
Kampagne PostAuto-Unternehmer
Die Aktion begann mit der Verteilung verschiedener Flyer an die PU-Kollegen, und dann wurde eine Petition gestartet. Bis Freitag, 8. Juni, hatten bereits 429 Kollegen diese Petition unterzeichnet, und wenn es so weitergeht, kommen wir bald auf 600 Unterschriften. Dies würde der Hälfte aller PU-Wagenführer in der Schweiz entsprechen. Gleichzeitig mit dem Anstoss zu dieser Kampagne wurde allen Medien ein Pressecommuniqué zugestellt; allerdings meldete sich darauf nur ein einziger Journalist, der diese Kampagne nicht für genügend aufsehenerregend hielt, um das Publikum anzusprechen, nicht verkaufsfördernd, nicht interessant genug. Heisst das, dass eine Dreck-und-Schmutz-Kampagne besser ankäme? Das ist aber nicht unser Stil. Wir führen unsere Aktionen weiter unter Wahrung des gegenseitigen Respekts. Das Aktionskomitee wird bei seiner nächsten Sitzung im August die zweite Phase der Kampagne einleiten mit der Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden für die Ungleichbehandlung bezüglich Lohn und Sozialbedingungen bei der Regie und bei den PU. Wir bleiben am Ball.
Abgeltung von Überstunden
Ein Kollege mit über 40 Überstunden hat festgestellt, dass sein Arbeitgeber zum Abbau dieses Bestandes schritt, indem er ihn in «kurze» Dienste einteilte. Damit war der Kollege doppelt bestraft: Nicht nur hatte er aus freien Stücken einen kranken Kollegen vertreten, sondern nun kamen auch noch Arbeitstage mit kurzen Dienstzeiten dazu. Dabei dürfen alle Kollegen mit Fug und Recht erwarten, dass sie ihre Überzeit durch Freizeit ausgleichen können. Diese Vorgehensweise ist alles andere als Fairplay und schadet letztlich nicht nur dem Angestellten, sondern auch dem Arbeitgeber. Der betroffene Kollege wird es sich in Zukunft zweimal überlegen, ob er an einem freien Tag einen Ablösedienst leisten will, und der Arbeitgeber wird sich fragen, weshalb niemand mehr vom Personal bereit ist, einen freien Tag zu opfern. So verlieren beide Seiten.
Arbeit am Samstag vor Ferienbeginn
Verschiedene Kollegen haben sich gefragt, weshalb sie regelmässig am Samstag vor ihren Ferien in einen Dienst eingeteilt werden. Nun umfasst unsere Arbeitswoche effektiv sechs Tage, und damit ist der Samstag der letzte Arbeitstag. Ein Chef kann somit an einem solchen Tag eine Diensttour einplanen. Allerdings sollte man auch mit etwas Augenmass rechnen können. Schliesslich werden Ferienwohnungen normalerweise von einem Samstag auf den nächsten vermietet. Wenn dies bei den jeweiligen Kollegen der Fall ist, müssen sie für diesen Samstag mit ihrem Dienstchef eine Regelung suchen, und zwar möglichst früh.
Ferienaufteilung
Gemäss GAV müssen die Ferien im Lauf des Jahres bezogen werden. Mitarbeitende haben Anrecht auf mindestens zwei zusammenhängende Ferienwochen. Die verbleibenden Wochen können im gegenseitigen Einvernehmen zwischen den Angestellten und den Vorgesetzten und unter Berücksichtigung der Unternehmensbedürfnisse aufgeteilt werden. In Delémont wurde es den Regie-Wagenführern verboten, im Juli und im August Ferien zu machen, also während den Sommer-Schulferien. Dies warf die Frage auf, ob dies tatsächlich legal ist. Laut GAV kann der Arbeitgeber die Ferienzeiten bestimmen. PostAuto West beziehungsweise die Region Delémont hat den Auftrag erhalten, Zugsersatz-Linien im Jura zu fahren, da es grössere Unterhaltsarbeiten an einer SBB-Linie gibt. Dies war der Grund dafür, dass in diesem Zeitraum kein Ferienbezug möglich war. Ein harter Entscheid für alle Regie-Wagenführerkollegen aus Delémont, die sehr gerne mit ihrer Familie in die Ferien gereist wären. Es kommt noch dazu, dass ein solches Ferienverbot nun schon zum zweiten Mal ergeht.
«BUS CH» reagiert
Im Anschluss an das Pressecommuniqué von syndicom vom Februar zu den Lohnungleichheiten zwischen PU- und Regie-Wagenführern gab der Verband der PostAuto-Unternehmer Bus CH eine geharnischte Reaktion von sich und beschuldigte syndicom, das Markenimage von PostAuto und insbesondere jenes der PU zu schädigen. Paradoxerweise räumte Bus CH in ihrer Information Nr. 2/2012 aber selber ein, dass es in gewissen Regionen nach wie vor eine Lohndifferenz zwischen der Regie und den PU gibt. Wir sind nicht überrascht von der Reaktion von Bus CH, die als Arbeitgeber-Dachverband zur Astag (dem Schweizer Nutzfahrzeugverband) gehört.
Trotzdem wird demnächst ein Treffen stattfinden zwischen einer syndicom-Delegation und dem Präsidenten von Bus CH, Walter Wobmann (gleichzeitig Präsident der SVP Solothurn), sowie dem Geschäftsleiter Dominik Steiner. Zweck dieser Sitzung ist es, gegenüber Bus CH die Stichhaltigkeit unserer Kampagne zu begründen. Sie beruht auf Tatsachen und Belegen bezüglich der Lohnungleichheit und nicht auf einfachen Vermutungen.
Jean Maraldi, Vizepräsident des Firmenvorstands PostAuto Schweiz AG