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Frauen verdienen immer noch viel weniger

Das Bundesamt für Statistik hat kurz vor Weihnachten die Daten der Lohnstrukturerhebung für das Jahr 2010 veröffentlicht. Zwar haben die Lohndifferenzen zwischen Frauen und Männern weiter abgenommen, dies jedoch im Schneckentempo.

Im privaten Sektor verdienen die Frauen nach wie vor 23,6 Prozent weniger als Männer, und auch im öffentlichen Sektor sind es immer noch 14,7 Prozent. Man gewöhnt sich leider langsam daran: Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind in der Schweiz immer noch hoch. Das ist ein Skandal, der in der Öffentlichkeit keine gros­sen Wellen schlägt. Aus gewerkschaftlicher Sicht kann dies aber nicht hingenommen werden.

Der Lohngleichheitsdialog hat zwar ein paar Fortschritte gebracht, er genügt aber nicht, um eine wirkliche Wende einzuleiten. Es müssen von unserer Seite auch weitere, griffigere Schritte diskutiert werden. Lohnunterschiede können unterschiedlich erklärt werden. Soweit objektive Gründe (z. B. Alter, Ausbildung, Dienstjahre) dafür vorliegen, spricht man nicht von Diskriminierung. Im privaten Sektor betrug die durchschnittliche Lohndiskriminierung pro Monat im Jahr 2010 nach wie vor 677 Franken. Das bedeutet konkret, dass eine erwerbstätige Frau im Jahr immer noch rund 8124 Franken, also weit mehr als einen durchschnittlichen Monatslohn, verliert, nur weil sie eine Frau ist. In der Schweiz sind 2,13 Millionen Frauen erwerbstätig. Die schweizerische Arbeitswelt ist zudem immer noch geprägt durch typische Männer- und Frauenberufe. In Männerberufen ist das Lohnniveau deutlich höher. Zwei Drittel der Personen, die in einem Tieflohnbereich arbeiten, also weniger als 4000 Franken im Monat verdienen, sind Frauen. Die Quote der teilzeitarbeitenden Frauen ist in der Schweiz ebenfalls sehr hoch, mit allen Problemen, die das für die soziale Absicherung bringt.

Die Schweiz wurde im Dezember 2012 von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) scharf für ihre Familienpolitik kritisiert. Die OECD macht in ihrem Bericht geltend, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Schweiz nur mangelhaft sei und die schlechte Erwerbssituation von Frauen nicht zuletzt auch mit den (sehr) hohen Kosten für die externe Kinderbetreuung in unserem Land in Zusammenhang stehe. Auch die steuerliche Situation von Paaren, bei denen beide erwerbstätig sind und die Kinder haben, wird von der OECD bemängelt. Der Druck auf die Unternehmen im Zusammenhang mit der Lohngleichheit muss auch von Seiten der Gewerkschaften noch einmal erhöht werden. Es geht nicht an, dass viele Unternehmungen sich einfach weiterhin um die Umsetzung diskriminierungsfreier Löhne drücken.Die Gewerkschaften kämpfen 2013 gemeinsam für die Mindestlohninitiative, damit es in der Schweiz keine Löhne unter 4000 Franken mehr gibt. Dieser gesetzliche Mindestlohn ist auch aus gleichstellungspolitischer Sicht ein wichtiger Schritt. Die Initiative AHV-plus, welche voraussichtlich im April vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund lanciert und von syndicom mitgetragen wird, kommt nicht zuletzt auch Frauen zugute, die ihr Leben lang ­wenig verdient haben.

Bernadette Häfliger Berger,

Leiterin Gleichstellung und Recht

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