Es braucht einen GAV und höhere Löhne
Im Strassentransportgewerbe herrscht ein brutaler Preiskampf. Eine Lohnstudie zeigt die Folgen auf: Krasse Tieflöhne trotz überlanger Arbeitszeiten sind in der Branche weit verbreitet. Abhilfe können nur verbindliche Mindestlöhne und ein Branchen-GAV schaffen.
Fast jede und jeder 10. Arbeitnehmende im Transportgewerbe (9%) erhält einen extremen Tieflohn. Das zeigt eine Studie von Roman Graf, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Genf, welche im Rahmen einer Medienkonferenz am 9. November in Bern vorgestellt wurde. Die Betroffenen verdienen weniger als 22 Franken pro Stunde und kommen so trotz einer Wochenarbeitszeit von 46 oder gar 48 Stunden auf einen Monatslohn, der nur knapp über 4000 Franken oder sogar noch darunter liegt. Am stärksten trifft dies die weiblichen Angestellten (16,5%) und die Angestellten im Stundenlohn (18,6%).
Am Beispiel der PostLogistics AG demonstrierte Fritz Gurtner, Leiter Sektor Logistik von syndicom, dass Transportunternehmen mit besseren Arbeitsbedingungen angesichts des bestehenden Wildwuchses in der Branche zunehmend unter Druck geraten. Der Wettbewerb werde über die Löhne und die Arbeitsbedingungen ausgetragen, was zu Lohndruck und Prekarisierung führe. Gurtner an der Medienkonferenz: «Für syndicom ist es wichtig, dass die Anstellungsbedingungen in der privaten Transportbranche geregelt werden. Nur so kann die Abwärtsspirale bei den Lohn- und Anstellungsbedingen der Chauffeure und Lagermitarbeitenden gestoppt werden.»
Vania Alleva von der Geschäftsleitung der Unia legte dar, dass die Löhne der Chauffeure und Chauffeurinnen sowie der Logistikmitarbeitenden in den vergangenen zwei Jahrzehnten gesunken sind: «Weil die Arbeitgeber einen GAV verweigern, müssen sie per Gesetz zur Zahlung eines anständigen Minimallohns gezwungen werden», erklärte Alleva und verwies auf die gewerkschaftliche Mindestlohninitiative, die einen Stundenlohn von mindestens 22 Franken verlangt.
Schuld an der bestehenden Misere in der Transport- und Logistikbranche ist der fehlende Schutz der Arbeitnehmenden durch GAV und verbindliche Mindestlöhne, wie der Branchenverantwortliche der Unia, Roland Schiesser, zeigte.
Unia verlangt darum einen schweizweit gültigen Branchenvertrag. Giorgio Tuti, Präsident der Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV), betonte, der Preiskampf im Strassentransport werde auch zulasten der Strassensicherheit und des Schienenverkehrs ausgetragen. (unia/sev/syndicom/red)