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BVG-Revision - 4 Dinge, die du über die Revision der 2. Säule wissen musst

Worum geht es denn überhaupt?

Die Altersvorsorge in der Schweiz muss reformiert werden. Über die Reform der 1. Säule, der AHV, wurde bereits im Herbst 2022 abgestimmt. Nun ist eine Revision der 2. Säule nötig, der beruflichen Vorsorge. Sie wird auch Pensionskasse oder BVG genannt. Arbeitgebende und Arbeitnehmende beteiligen sich paritätisch an der Finanzierung der beruflichen Vorsorge. Aus diesem Grund beauftragte der Bundesrat die Sozialpartner, Lösungen für die 2. Säule zu erarbeiten. Vonseiten der Arbeitgebenden beteiligte sich der Schweizerische Arbeitgeberverband SAV, vonseiten der Arbeitnehmenden der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB und TravailSuisse an den Verhandlungen. Gemeinsam einigten sie sich auf einen Kompromiss: BVG 21. 

Nun wird dieser Vorschlag im Parlament beraten. Falls die Entscheide des Parlaments zu Ungunsten der Arbeitnehmenden ausfallen und kein angemessener Kompromiss gefunden wird, werden die Gewerkschaften, wenn nötig, ihre politischen Möglichkeiten bzw. ein Referendum ergreifen. 

Warum ist eine Revision der 2. Säule nötig?

Eine Revision der 2. Säule ist nötig, denn bei der beruflichen Vorsorge liegen folgende Probleme vor (Auszug aus der BVG 21-Broschüre des SGB): 

Wie lösen wir die Probleme in der 2. Säule? Unsere Forderungen!

Das Modell, auf das sich die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände geeinigt haben, ist der Kompromiss, die «BVG 21». Die berufliche Vorsorge soll mittels dieses Modells folgendermassen verbessert werden:

  • Mindestumwandlungssatz von 6.8% auf 6% bei Pensionsalter 65 senken*: Der Umwandlungssatz bestimmt die Höhe der Rente. Aufgrund tieferer Renditen und der steigenden Lebenserwartung soll er nach unten angepasst werden. Aktuell beträgt der Mindestumwandlungssatz 6.8% und soll auf 6% gesenkt werden. Damit dies nicht zu tieferen Renten führt, erfolgen Kompensationsmassnahmen.

    *Betrifft den obligatorischen Versicherungsteil nach BVG. Pensionskassen z. B. wie jene von Post und Swisscom decken auch den überobligatorischen Teil ab und kennen deshalb schon heute tiefere Umwandlungssätze bei einer Pensionierung mit Lebensalter 65: Pensionskasse Post = 5.100%, Pensionskasse Swisscom = 5.320% (per 01.01.23; ab 01.05.24 = 5.000%)
     
  • Solidarisch finanzierter Rentenzuschlag als Verbesserung für Frauen, Teilzeitarbeitende und Personen mit tiefen Einkommen: Alle Neurentner:innen der 2. Säule erhalten einen Rentenzuschlag in Form eines fixen Betrages, zusätzlich zu ihrer Rente aus der beruflichen Vorsorge. Der Rentenzuschlag soll über 15 Jahre abgestuft ausgerichtet werden (Übergangsfrist für die Übergangsgeneration). Dank diesem Rentenzuschlag kann die Höhe der Renten beibehalten werden. So wird auch die Situation für Personen mit tiefem Einkommen und Teilzeitbeschäftigte verbessert, insbesondere für Frauen. Diese Verbesserung wirkt sofort ab Inkrafttreten der Reform. Dieser dauerhafte Rentenzuschlag ist solidarisch finanziert und sorgt dafür, dass die Renten in der 2. Säule nicht sinken. 
     
  • Anpassung Koordinationsabzug und Altersgutschriften: Der Koordinationsabzug stellt sicher, dass die Pensionskasse (2. Säule) nur Beiträge auf den Lohnteilen erhebt, für die nicht schon die 1. Säule (AHV) Leistungen ausrichtet. So wird vermieden, dass Lohnbestandteile der AHV-Rente doppelt versichert werden. Die Beiträge in die 2. Säule werden so angepasst, dass Personen mit tiefen versicherten Löhnen besser abgesichert und ältere Arbeitnehmende weniger durch stark ansteigende Beiträge belastet werden. 

Das bedeutet konkret: Der Koordinationsabzug soll mit der Revision halbiert werden, wodurch sich der versicherte Lohn erhöht.  Der Betrag entspricht rund 7/8 der maximalen einfachen AHV-Rente, aktuell CHF 25’095. Damit verbessern sich die Leistungen für Erwerbstätige mit tiefen Einkommen und Teilzeitarbeitende – insbesondere Frauen – deutlich. Es ist aber auch ein Schritt, der mit höheren Lohnabgaben verbunden ist.

Ausserdem sollen in der BVG 21 die einzubezahlenden Beiträge ab dem Alter 45 nicht mehr ansteigen. Somit werden die unterschiedlich hohen Lohnbeitragssätze von jungen und älteren Arbeitnehmenden etwas aneinander angeglichen und «geglättet». Dies trägt den Bedenken Rechnung, dass die höheren Altersgutschriften die beruflichen Chancen der älteren Arbeitnehmenden verringern. Neu gilt im Alter von 25 bis 44 Jahren durchgängig eine Altersgutschrift von 9 Prozent auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab Alter 45 beträgt die Altersgutschrift 14 Prozent.

Wie ist der Stand der Dinge im Dezember 2022?

Der Ständerat hat soeben die BVG-Reform beraten, danach kommt sie Anfang 2023 zur Differenzbereinigung wieder in den Nationalrat. Nach dem Entscheid in der Schlussabstimmung entscheiden die Gewerkschaften, ob die Anpassungen akzeptabel sind oder ob dagegen das Referendum ergriffen werden muss. 

Wie ist der Stand der Dinge bezüglich Koordinationsabzug?
Der Entwurf des Nationalrates in der «Reform BVG 21» schlägt vor, den Koordinationsabzug (aktuell CHF 25'095) zu halbieren (CHF 12'548). Der Ständerat schlägt dagegen einen 15%-Abzug vom Bruttolohn vor. 

Das bedeutet grundsätzlich: Die Eintrittsschwelle, um in eine Pensionskasse einzahlen zu können, muss tiefer angesetzt werden. Erst eine solche Massnahme ermöglicht es, vor allem Teilzeit arbeitenden Menschen sich überhaupt einer Pensionskasse anzuschliessen. Zu begrüssen ist, dass die Eintrittsschwelle für eine Versicherung in der BVG gesenkt werden soll. Welche Massnahme sich letztendlich durchsetzt, wird sich im nächsten Jahr weisen. 

Und der Umwandlungssatz und die Rentenzuschläge?
Der Ständerat hat beschlossen, den Umwandlungssatz von 6,8% auf 6,0% pro 100'000 Franken Rentenkapital zu senken. 15 Jahrgänge der Übergangsgeneration sollen einen lebenslangen Rentenzuschlag erhalten, damit die Senkung des Umwandlungssatzes nicht zu tieferen Renten führt. Davon würden 50% der Versicherten profitieren. 

Die Senkung des Umwandlungssatzes ist auch in der BVG 21 vorgesehen. Jedoch ist der vom Ständerat vorgeschlagene Rentenzuschlag nicht solidarisch finanziert. Das heisst, Arbeitgeber und Personen mit hohem Einkommen beteiligen sich nicht an den Kosten der Kompensationen. Dass lediglich 50% der Versicherten vom Rentenzuschlag profitieren, wird vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund und vom Bundesrat kritisiert.  

Was bedeutet dies für die Pensionskassen von Post und Swisscom? 
Auch wenn sich Anpassungen – insbesondere jene bei den Umwandlungssätzen – nicht automatisch auf die Rentenleistungen von Pensionskassen wie jene von Post und Swisscom auswirken, sind sie immer auch ein Signal an solche Pensionskassen, allfällige Schritte autonom umzusetzen. Umkehrschluss: Als versicherte Person bei Kassen, die auch das Überobligatorium abdecken, sitzt man bei solchen Gesetzesrevisionen halt trotzdem indirekt immer auch mit am Tisch. 

Fazit
Die Beschlüsse des Parlaments weichen von den Vorschlägen des Bundesrates und der Sozialpartner (Arbeitgeber und Gewerkschaften) im BVG-21-Entwurf stark ab und verschlechtern diesen. Sie führen dazu, dass die Versicherten mehr bezahlen, aber weniger erhalten. syndicom und der SGB werden Druck machen, damit das Parlament Beschlüsse zugunsten der Arbeitnehmenden treffen. Wir bleiben dran! 
 

Weitere Informationen zur BVG 21

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