Wie man sich eine Chance gibt
Mirto und Filippo sind schon während ihrer Ausbildung syndicom beigetreten. Sie haben in schwierigen Zeiten beschlossen, die Flinte nicht ins Korn zu werfen und alle Möglichkeiten auszuloten – auch jene des Unternehmertums.
Mirto Menghetti und Filippo Lucchini waren Schulkameraden. Beide haben an der Kunstgewerbeschule CSIA in Lugano ein Grafikerdiplom erworben, sind aber auf recht verschiedenen Pfaden zu ihrer Leidenschaft gelangt. Der 19-jährige Filippo, aufgewachsen in Giubiasco im Sopraceneri, zeigte schon von klein auf kreative und künstlerische Begabung. Für ihn war es klar, dass er eine Ausbildung mit kreativer Ausrichtung wählen würde. Der 21-jährige Mirto kam quasi über den Umweg seines Vaters auf den Grafikerberuf. Der Vater nahm seinen Sohn mehrere Male an seinen Arbeitsplatz als Typograf mit. Als Kind war Mirto besonders von der Grösse der Druckplatten beeindruckt, die in «Papas Druckerei», die in Tat und Wahrheit die Druckerei des «Corriere del Ticino» war, verwendet wurden. Da das Metier der Typografie aber eher Präzision als Kreativität erfordert, liess Mirto sich lieber zum Grafiker ausbilden.
Ist die Grafikausbildung überhaupt noch zeitgemäss?
Nach dem Diplom absolvierten beide den Militärdienst. Filippo ging für drei Monate nach New York, um Amerika zu geniessen und sein Englisch zu verbessern, während Mirto versuchte, im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Da er in seinem Beruf keine Stelle finden konnte, meldete er sich arbeitslos und war im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms sechs Monate lang als Grafiker tätig.
Heute suchen beide immer noch eine Stelle. «Ich frage mich langsam wirklich, wozu meine Ausbildung gut war», sagt Filippo etwas entmutigt. «So viele kommen von diesen Schulen, und so wenige finden Arbeit», fügt Mirto hinzu. Ihrer Meinung nach ist es unter anderem deshalb so schwer, Arbeit zu finden, weil die Schule ihnen nicht das mitgegeben hat, was man braucht, um im digitalen Zeitalter zu bestehen. So wissen die beiden zum Beispiel nicht, wie man eine Website erstellt – eine der gefragtesten Fertigkeiten.
Doch die beiden Jugendlichen gehören nicht zu jenen, die sich leicht entmutigen lassen. Daher haben sie beschlossen, sich in ein neues Abenteuer zu stürzen, und zwar in kein geringes: eine eigene Jugendzeitschrift entwerfen und drucken! So entstand «D+» (siehe Kasten). Um die Zeitung herauszubringen, mussten die beiden einen Teil ihres Arbeitslosengelds investieren. Doch nun, da sie die erste Ausgabe in der Hand halten, hoffen sie, dass es einfacher wird, Sponsoren zu gewinnen. Denn die Zeitschrift ist schön, neu und ging bei den Jugendlichen weg wie frische Weggli. Mirto und Filippo glauben wirklich an die Kommunikation mit den und für die Jugendlichen. Und sie glauben daran, dass der von ihnen gewählte Beruf schön und wichtig ist. Ihre Begeisterung ist trotz allem so gross, dass sie versuchen wollen, die erste Jugendgruppe von syndicom im Tessin auf die Beine zu stellen. Und da soll noch jemand sagen, die Jugendlichen von heute seien antriebslos!