Getreu dem Grundsatz «Von unten nach oben» hat syndicom den Forderungskatalog für die Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrages Post erarbeitet. Jetzt gehen die gewerkschaftlichen Forderungen in die Vernehmlassung bei den Kolleginnen und Kollegen: An zahlreichen regionalen Veranstaltungen wird das Verhandlungsmandat von syndicom konkretisiert und gestärkt.
Im Frühjahr 2013 beginnen die Verhandlungen über die Erneuerung der Gesamtarbeitsverträge. syndicom will mit einem breit abgestützten, demokratisch entwickelten Verhandlungsauftrag in die Sitzungsrunden mit der Post gehen. Ein von den Kolleginnen und Kollegen getragenes Mandat ist das stärkste Argument von syndicom in den kommenden Verhandlungen. Aus diesem Grund entwickelt der Sektor Logistik die Forderungen in vier Etappen «von unten nach oben». In der ersten Etappe wurden die Mitarbeitenden der Post in einer breit angelegten Umfrage Anfang Jahr zum GAV befragt.
Das Umfrageergebnis bildete die Grundlage für die zweite Etappe: Drei Arbeitsgruppen bestehend aus je 10 bis 12 aktiven GewerkschafterInnen erarbeiteten die Forderungen in den drei Bereichen Mitwirkung, Geld- und Zeitwerte. Diese Arbeit mündete in die jetzt vorliegende Broschüre «GAV 2015: Alles Gelbe unter einem Dach – Sechs Forderungen für den GAV der Zukunft». Jede der sechs Hauptforderungen bündelt ihrerseits ein Paket von konkreten Detailforderungen.
Die Kampagne geht nun in die dritte und entscheidende Etappe, in der die Ausrichtung des Verhandlungsmandates von syndicom festgelegt wird. Der Entwurf des Forderungskataloges wird in regional durchgeführten Versammlungen vorgestellt und einer Vernehmlassung unterzogen (siehe Kasten rechts). Alle Mitarbeitenden der Post – ob Mitglied oder nicht – haben die Gelegenheit, sich am demokratischen Prozess zu beteiligen.
Die sechs Kernforderungen sind alle am Grundsatz «Umbau ja – Abbau nein» orientiert. Dieser Maxime kann syndicom in den Verhandlungen nur gerecht werden, wenn realistische Forderungen für eine realistische Gesamterneuerung des GAV aufgestellt werden.
Sechs Kernforderungen
Die erste Forderung: Alles Gelbe unter einem Dach. Hinter dem Motto der GAV-Kampagne von syndicom steht die Forderung nach einem Dachgesamtarbeitsvertrag für den ganzen Post-Konzern. Die Post hat mit ihrer Auslagerungspolitik das Arbeitsrecht im Konzern zersplittert und den GAV Post teilweise unterlaufen. Mit der zentralen Forderung «Alles Gelbe unter einem Dach» macht syndicom klar, dass dieser zerstückelte Konzern durch die GAV-Erneuerung unter einen für alle gültigen Dachvertrag gehört.
Die zweite Forderung: Faire Löhne dank fairem Lohnsystem. Die Zufriedenheit der Post-Mitarbeitenden mit ihrem Lohn ist hoch, dies belegt unsere GAV-Umfrage. Dass dem so ist, liegt am guten, transparenten und fairen Lohnsystem der Post. Dennoch gibt es Handlungsbedarf! Dies wird deutlich bei den untersten Lohnsegmenten, den Funktionsstufen 1 und 2. Gegen prekäre Anstellungsbedingungen mit Löhnen, die kaum zum Leben reichen – und oftmals mit Teilzeitarbeit verbunden sind – muss etwas getan werden! Ebenfalls unbefriedigend ist das System der Arbeitsmarktzulagen. Dieses muss überarbeitet und transparent gestaltet werden.
Die dritte Forderung: Weniger Stress und transparente Arbeitszeiten. Der aktuelle GAV Post kennt mit der 41-Stunden-Woche eine gute und akzeptierte Regelung.
Das aktuelle Problem besteht nicht in der Länge der Soll-Arbeitszeit: Das Problem heisst vielmehr «Stress und hohe Arbeitsbelastung». Deshalb zielen die wichtigsten Forderungen von syndicom in die Richtung von fairen, planbaren und transparenten Arbeitszeiten.
Nachholbedarf
Die vierte Forderung: Mehr Mitwirkung am Arbeitsplatz. Bei der Mitwirkung im Betrieb besteht Nachholbedarf. Sie muss im neuen GAV gestärkt werden. Ein grosser Mangel des aktuellen GAV sind die schwerfälligen und langwierigen Prozesse, wenn sich die Sozialpartner über die Interpretation der Inhalte und Aussagen des GAV nicht einigen können, etwa ob eine GAV-Verletzung vorliegt oder nicht. Das muss im neuen GAV anders werden. syndicom fordert für den GAV Post 2015 neu eine paritätische Vollzugskommission mit Beschlussfähigkeit und Sanktionierungsmöglichkeiten.
Die fünfte Forderung: Arbeitsplatzsicherheit und Kündigungsschutz. Der gute Kündigungsschutz soll weitergeführt werden. syndicom fordert, dass auch im GAV 2015 die Gründe für eine Kündigung eingeschränkt werden. Grosser Handlungsbedarf besteht zudem beim Schutz aktiver Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter vor Kündigungen, die nicht in ihrer Person begründet sind.
Die sechste Forderung: Für eine attraktive Post mit starken Sozialleistungen. Der heutige Gesamtarbeitsvertrag besticht durch seine Sozialleistungen. Das soll auch in Zukunft so bleiben. syndicom wird sich dafür stark machen, dass diese Leistungen nicht ausgedünnt oder verschlechtert werden. Aber: Die Zeiten wandeln sich und damit auch die gesellschaftlichen Ansprüche und Anforderungen. Namentlich in der Familienphase und im Alter entstehen neue Herausforderungen für die Mitarbeitenden und die Arbeitgeberin mit ihrer Fürsorgepflicht.
Vernehmlassung startet
Der Forderungskatalog geht nun in die Vernehmlassung. Er soll auf einem soliden demokratischen Fundament stehen. Je breiter die gewerkschaftlichen Forderungen getragen werden, desto stärker wird die Verhandlungsmacht von syndicom sein. Die Vernehmlassungs-Versammlungen finden im Oktober und November statt. Alle Kolleginnen und Kollegen der Post sind herzlich eingeladen!