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Vernunft beim «Giornale del Popolo»

Das Tessiner Kurienblatt Giornale del Popolo hat im Rahmen seiner Reorganisation zwei Journalistinnen entlassen. Immerhin können sie noch von den Bestimmungen des JournalistInnen-GAV aus dem Jahr 2000 profitieren. Doch in den Printmedien im Tessin bleibt die Lage teilweise prekär.

Es ist bekannt, dass die Aussichten im Mediensektor seit einigen Jahren nicht mehr so rosig sind wie früher. Im Tessin begann die Krise allerdings später als in der Deutschschweiz, sodass sich die Lage der Journalistinnen und Journalisten erst in den letzten beiden Jahren effektiv zu verschlechtern begann. Bei den Sparmassnahmen, welche die Nuova Società Editrice Giornale del Popolo jüngst zusammen mit dem «Corriere del Ticino» eingeleitet hat, will sich das Unternehmen aufgrund eines Aufrufes von syndicom aber trotzdem an den Gesamtarbeitsvertrag für Journalistinnen und Journalisten halten, der theoretisch seit dem Jahr 2004 nicht mehr in Kraft ist. Betroffen sind zwei Journalistinnen, welche aufgrund der Unternehmensrestrukturierung entlassen wurden.

Am 11. Dezember 2012 unterzeichneten das «Giornale del Popolo» und syndicom eine Abmachung, wonach gemäss Art. 17 des GAV 2000 eine Abgangsentschädigung entrichtet wird, die auf Basis der Dienstjahre sowie des Alters der entlassenen Person berechnet wird.

Respekt auch gegenüber dem Gegner

Verleger und Gewerkschaft ziehen bei den Verhandlungen nicht am gleichen Strick. Aber der objektive Interessenkonflikt schliesst den gegenseitigen Respekt nicht aus. Das beginnt beim Zuhören und setzt sich im Gespräch fort. Hier konnte syndicom denn auch dem «Giornale del Popolo» ein korrektes Verhalten bestätigen, ebenso eine absolut transparente Kommunikation. Diese Einstellung hatte sich schon in der Vergangenheit gezeigt, wie zum Beispiel vor etwas mehr als einem Jahr, als syndicom und Impressum die Herausgeber der Tessiner Tageszeitungen brieflich zu einem Austausch über die Lage der gedruckten Presse im Tessin sowie über die Arbeits­bedin­gungen der Journalistinnen und Journalisten einluden. Das «Giornale del Popolo» war sofort bereit zu einem solchen Treffen. Der «Corriere del Ticino» dagegen verwies in einem Schrei­ben vom 2. September 2012 nur auf Giacomo Salvioni, den Präsidenten des Verlegerdachverbands Stampa Svizzera, als ihren Vertreter und zuständigen Ansprechpartner – de facto eine Gesprächsverweigerung.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es im Jahr 2012 verschiedentlich möglich war, auch mit der Holding Timedia wieder ins Gespräch zu kommen: dank der offenen Haltung ihres Direktors Marcello Foa. syndicom ist der Ansicht, dass eine solche Dialogbereitschaft der einzige Weg ist, die gegenwärtig stürmischen Zeiten zu meistern.

Leere Versprechungen

Die Haltung des «Giornale del Popolo» ist der klare Beweis dafür, dass man trotz vertragslosem Zustand nach wie vor Vernunft und gesunden Menschenverstand walten lassen kann. Deshalb ruft syndicom allen Tessiner Verlegern immer wieder die vor Jahren mündlich abgegebenen Versprechungen in Erinnerung, wonach sie sich weiterhin an die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrags halten wollen, auch wenn dieser gegenwärtig nicht in Kraft ist. Leider kommt es immer wieder vor, dass einige Herausgeber in der Öffentlichkeit hoch und heilig versprechen, den Vorschriften des GAV nachzukommen; wenn man der Sache aber auf den Grund geht, stellt man fest, dass zum Beispiel die freien redaktionellen Mitarbeiter bis auf wenige Ausnahmen viel weniger erhalten als die festgelegten Honorare. Und bei den Löhnen sieht es nicht besser aus. Wenn die Mindestlöhne noch eingehalten werden, so stammen die Zahlen aus dem Jahr 2004 – sie wurden seither nicht mehr neu verhandelt und auch nicht der Teuerung angepasst. Und jetzt hat Salvioni auch noch beschlossen, in der «Regione» den Leistungslohn einzuführen, wie dies andere Verleger, insbesondere in der Westschweiz, schon länger handhaben. Da vermag es nicht zu erstaunen, dass die Verleger keinen GAV mehr wollen.

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