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Arbeitsverträge auf neuer Basis

Mit Inkrafttreten des neuen Postgesetzes im vergangenen Oktober änderte sich auch die rechtliche Grundlage der Anstellungsbedingungen. Bis der neue Gesamtarbeitsvertrag mit der Post ausgehandelt wird, ist übergangsrechtlich gesichert, dass alles gleich belassen wird. Was ändert sich danach und was sind die Verhandlungsziele von syndicom?

 

Die neuen Postgesetze, die im Oktober des vergangenen Jahres in Kraft getreten sind, haben weitreichende Auswirkungen auf die Anstellungsverhältnisse der Schweizerischen Post AG und ihrer Tochtergesellschaften. Die zwei wichtigsten Änderungen betreffen deren arbeitsrechtliche Grundlage: Denn das öffentliche Recht wird durch das Privatrecht abgelöst.

Darum richten sich die einzelarbeitsvertraglichen Bestimmungen nicht mehr nach dem Bundespersonalgesetz (BPG), sondern nach dem Obligationenrecht (OR). Ausserdem orientieren sich die Vorschriften über die Arbeits- und Ruhezeiten nicht mehr am Arbeitszeitgesetz (AZG), sondern neu am Arbeitsgesetz (ArG).

Skepsis verständlich, aber ...

Dieser fundamentale Wechsel wird erst nach einer zweijährigen Übergangsphase vollzogen. So lange will der Gesetzgeber den Sozialpartnern, also der Post und der Gewerkschaft syndicom, Zeit geben, um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag auszuhandeln. Bis es so weit ist, führt die Post die bestehenden Anstellungsverhältnisse öffentlich-rechtlich weiter und orientiert sich auch weiterhin am Bundespersonalgesetz BPG. Der Bundesrat wartet ebenfalls zu und belässt die Post noch im Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes.

Warum muss ein neuer GAV ausgehandelt werden? Der aktuelle GAV Post ist eines der fortschrittlichsten und besten arbeitsrechtlichen Vertragswerke in der Schweiz. Deshalb ist die unter vielen Kolleginnen und Kollegen verbreitete Skepsis gegenüber einer Neuverhandlung mehr als begreiflich.

GAV bildet Rechtsordnung ab

Aber eine Überarbeitung des aktuellen GAV ist unausweichlich: Nachdem der Gesetzgeber die einzelarbeitsvertraglichen Grundlagen neu definiert hat (OR und ArG), sind die Sozialpartner gezwungen, ihre gesamtarbeitsvertragliche Rechtsbeziehung an die neuen Grundlagen anzupassen. Ein neuer GAV (Arbeitstitel GAV 2015) ist nötig, damit dieser auf die neuen arbeitsrechtlichen Normen des Obligationenrechtes und Arbeitsgesetzes Bezug nehmen kann. Er muss sich in deren Systematik bewegen können, damit darauf aufbauend weitergehende und ergänzende Bestimmungen in den GAV 2015 einfliessen können.

Beispiel Höchstarbeitszeit

Der neue GAV muss also die neue Rechtsordnung abbilden können, damit er die Rechte der Post-Mitarbeitenden wirksam regeln kann. Am Beispiel der Höchstarbeitszeit soll das verdeutlicht werden: Heute limitiert das Arbeitszeitgesetz übers ganze Jahr gerechnet die maximale Arbeitszeit bei durchschnittlich 42 Stunden in der Woche. Der aktuelle GAV regelt diesbezüglich nichts Zusätzliches; die Gesetzesbestimmung reicht grundsätzlich aus.

Das Arbeitsgesetz hingegen ist viel «grosszügiger»: Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 45 bis 50 Stunden und darf in Ausnahmefällen täglich um weitere zwei Stunden überschritten werden. Wenn in Zukunft die tägliche oder wöchentliche Höchstarbeitszeit ähnlich wie im Arbeitszeitgesetz geregelt werden soll, dann müsste dies im GAV 2015 ausdrücklich abgemacht werden. Bei einem Festhalten am bestehenden, seit 2002 gültigen GAV würde die viel höhere Höchstarbeitszeit gemäss Arbeitsgesetz nach Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist gültig sein.

Rechtsunsicherheit vermeiden

Was geschieht, wenn sich die Sozialpartner nicht auf einen neuen GAV einigen können?

Auf die zweijährige Übergangszeit hat ein allfälliges Scheitern der GAV-Verhandlungen keinen Einfluss. Spätestens nach zwei Jahren werden die Anstellungsverhältnisse ins Privatrecht und ins ArG überführt. Eine Verlängerung der Übergangsfrist können die Sozialpartner nicht erwirken.

Aber: Verstreicht die Übergangsfrist ungenutzt, so bleibt der noch bestehende GAV (GAV 2002) weiterhin gültig. Er wird nicht ausser Kraft gesetzt, und es entsteht kein vertragsloser Zustand, es sei denn, der Vertrag würde von einer Vertragspartei einseitig gekündigt. Ein Fortbestand des GAV 2002 über die zweijährige Übergangsfrist hinaus wäre jedoch mit ernsthaften Nachteilen und Risiken behaftet. Für die Mitarbeitenden wie auch für die Post entstünde eine grosse Rechtsunsicherheit, denn der GAV 2002 würde sich dann auf Gesetze beziehen, die keine Gültigkeit mehr haben, und er würde Dinge regeln, die schlimmstenfalls den geltenden Gesetzen widersprechen. So könnte es passieren, dass der GAV 2002 Dinge regelt, die nicht mehr geregelt werden müssten, und dass er Dinge nicht regelt, die dringend geregelt werden sollten.

Umbau ja – Abbau nein!

Für syndicom wäre so etwas kein gangbarer Weg, weshalb die Branche Post frühzeitig die GAV-Kampagne lanciert und sich mit den möglichen Forderungen unter breitem Einbezug der Basis auseinandergesetzt hat. Dass der GAV Post an die neuen Rechtsgrundlagen angepasst werden muss, ist für syndicom unbestreitbar. Die Anpassung darf aber kein Freipass für Verschlechterungen des GAV sein. Hier sagen wir der Post unmissverständlich: Umbau ja – Abbau nein!

Wie ist der Rechtsweg während der Übergangsordnung geregelt? Gilt das Verwaltungsverfahren oder das Zivilverfahren? Welche Schlichtungsinstanzen sind vorgesehen? Und: Welchen Einfluss hat die Revision des Bundespersonalgesetzes auf die bestehenden Anstellungsverhältnisse? – Dazu mehr in der nächsten Nummer von «syndicom».

* Kaspar Bütikofer ist Zentral­sekretär Sektor Logistik.

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